Dein Ruhm ist nichts für mich

Von Byron Bay, New South Wales in die Welt: Tora melden sich mit neuer Musik zurück. © 2019 beats international

Nachdenklich, musikalisch versiert und voller Inspiration: Die Australier Tora überzeugen auf ihrem neuen Album “Can’t Buy The Mood”.

 


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Sänger Jo Loewenthal hat seinen Reisekoffer in den vergangenen Monaten nie ganz ausgepackt, da ging es schon wieder an einen neuen Ort. Los Angeles, London, Amsterdam und Berlin sind die Städte, in denen die Texte für die neue Platte “Can’t Buy The Mood” seines australischen Electronica-Quartetts Tora entstanden sind. Und so erscheint es passend, wenn er im Interview erzählt, dass er eine der zentralen Feststellungen des Albums auf einer Zugreise gemacht hat. “Wir vergessen, im Hier und Jetzt zu leben”, beklagt der Frontmann im Song “Deviate” – und verarbeitet dabei einen Moment, in dem alle Passagiere um ihn herum geschwiegen und auf ihre technischen Geräte geblickt haben.



“Deviate” eröffnet ein Album, das vielseitiger kaum sein könnte. Sechs Singleauskopplungen haben die Musiker aus Byron Bay ihren Anhängern vorab präsentiert, “um eben dieser Vielseitigkeit gerecht zu werden”, wie Loewenthal bekräftigt. Nun steht das gesamte Werk im Plattenregal. Auf ruhige Klavierakkorde lassen der Sänger und seine Kollegen Thorne Davis, Shaun Johnston und Jai Piccone in Stücken wie “Morphine” oder “Tiger” gerne schwungvolle Synth-Lines folgen, erforschen die Grenzen des Tora-Sounds, ohne sich im Experiment zu verlieren. Gleich mehrmals mischen sich zu den Harmonien Samples, die an ein Vinyl-Knistern erinnern — ein Effekt, der im modernen digitalen Pop-Geschäft zusehends Gefahr läuft, auf recht stumpfe Weise eine intime Atmosphäre zu suggerieren, die weder Klangmaterial noch Kontext hergeben. Auf Toras Album hingegen geht das Stilmittel tatsächlich auf. Es trägt bei zu einem reizvollen Klangbild, das einen ganz eigenen Schnittpunkt findet zwischen Fortschrittlichkeit und Nostalgie, zwischen Aufbruch und Noch-etwas-bleiben-wollen — während Loewenthals Beobachtungen von ganz alleine stark genug formuliert sind, um zu jeder Zeit über dem Sound-Konstrukt zu stehen.


“Can’t Buy The Mood” erscheint auf eightydays records/GoodToGo. © 2019 beats international

 

Tora sind viel unterwegs, haben bereits die Bands Oh Wonder und Rüfüs Du Sol auf ihren Touren begleitet, doch die Kehrseiten des vielen Reisens kennen sie ebenso. “Wenn man an einem Ort ist, dann vermisst man alle, die an anderen Orten sind”, bringt es Loewenthal im Interview auf den Punkt. Und zwischenmenschliche Beziehungen haben mehr Wert als die Jagd nach Ruhm und Reichtum oder gar die bloße Bestätigung in der digitalen Welt — das bringt schon der Albumtitel “Can’t Buy The Mood” zum Ausdruck. Im gleichnamigen Titelstück erinnert sich Loewenthal: “Die Menschen lachen und starren, wann immer ich sage, was in meinem Kopf vor sich geht.” Wie gut, dass er es dennoch tut.


Autor:

DelilahThomas