Wie die republikanische Hochburg Texas durch Trump zum Swing State wurde
Was früher einmal ein sicherer Hafen für den weißen amerikanischen Konservatismus war, ist heute umkämpftes Gebiet. US-Bundesstaat Texas entwickelt sich immer mehr zum Swing State. Ironischerweise ist das auch eine Folge Donald Trumps Präsidentschaft.
Klischeeklatsche Texas
Über Kuhweiden und Farmen hinwegrasend fliegt die Kamera auf eine in der texanischen Sonne funkelnde Skyline zu. Donnernd erklingt die heroisch tönende Titelmelodie. Schnitt auf einen hochgewachsenen weißen Mann, der aus einem Pick-Up-Truck aussteigt. Lässig tippt er sich an die Krempe seines Überdimensionierten Cowboy-Hutes und schenkt der Kamera ein gewinnendes Lächeln, während im Hintergrund die texanische Flagge mit dem „Lone Star“ im Südstaatenwind flattert.
So unschuldig die Darstellung Texas in der US-Seifenoper „Dallas“ auch sein mag, so liefert sie doch die perfekte Blaupause für das Bild, das viele Deutsche noch immer vom Lone Star State haben. In Texas ist man weiß, konservativ, republikanisch. Doch tatsächlich befindet sich kaum ein US-Bundesstaat so sehr im Wandel wie Texas. Dort sorgen demographische Veränderungen, vor allem durch Zuwanderung und Urbanisierung zu einer zunehmend diverseren Bevölkerung. Selbstredend schlagen sich diese Entwicklungen auch in den Wahlergebnissen nieder.
couchFM US-Wahlnacht 2020
Eine Wahl gegen Trump
Was zunächst nach einem klaren Sieg für Trump und die Republikaner aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als deutliches Statement der Bevölkerung – gegen Präsident Trump. Die bisherige Stimmenauszählung ergibt 52,2 Prozent für Trump, was eine exakte Replikation seines Wahlergebnisses von 2016 darstellt. Herausforderer und letztendlicher Gewinner der Präsidentschaftswahl Joe Biden unterliegt mit 46,4 Prozent.
Wirft man jedoch einen Blick auf das Wahlergebnis von 2016, dem Jahr in dem Hillary Clinton die Wahl an Trump verlor, ergeben sich einige vermeintliche Unschlüssigkeiten. Clinton konnte damals 43.2 Prozent der Wählerstimmen für sich Gewinnen – gute drei Prozentpunkte weniger als Joe Biden dieses Jahr. Wo kommen diese zusätzlichen drei Prozent her? Die Antwort: Von Drittparteien. So kam es der Kandidatin der Libertarian Party, Jo Jorgensen, nicht zugute, wie sehr Donald Trump in den letzten Jahren das Land gespalten hat. Ein Großteil der Menschen, die 2016 noch Libertarian gewählt hatten, wanderten also dieses Mal zu den Demokraten ab. Zwar sprechen wir hier von „nur“ drei Prozent, doch die bedeuten im bevölkerungsreichen Texas immerhin einige Hunderttausend Stimmen.
Somit komplettiert sich das Bild in Texas zu einer Wahl, über die trotz des republikanischen Sieges gesagt werden kann: Es war eine Wahl gegen Trump. Ob dieses Jahr zu den Demokraten abgewanderte Wähler*innen nur kurzfristig gegen Trump, aber eben nicht für Biden und damit nachhaltig demokratisch gewählt haben, bleibt abzusehen. Klar ist jedoch schon jetzt, dass sich das Land gewandelt hat – auch wenn es hier und da sicher noch den ein oder anderen groß gewachsenen Cowboy zu bestaunen gibt.