“Hier sitze ich in einer Blechdose, weit über dem Mond”. Singt David Bowie in seinem Weltall-Hit Space Oddity zwischen Zweifel und Faszination. Und so in etwa fühle ich mich auch beim Floating. Dabei legt man sich rund eine Stunde in eine überdimensionierte Wanne und schwebt schwerelos auf geruchsneutralem, körpertemperaturwarmen Salzwasser – in völliger Dunkelheit.
KULTURKOMPASS
Jetzt anhören:
Die Gliedmaßen vom Rumpf gestreckt – wie ein Seestern – tauchen kaum nur die Ohren unter Wasser. Sodass auch der vierte Sinn gedämpft ist. Nichts fühlen, nichts sehen, nichts riechen, nichts hören. Ein bisschen Hippie, ein bisschen Space, bleibt während der einstündigen Schwebephase allerlei Raum für Gedanken oder … soll ich besser nicht denken?
Für AstronautInnen konzipiert, von den Beatles geliebt
Heinz Mielke betreibt ein Floating-Studio in berlin Mitte. Hier kann man sich wie ein Astronaut fühlen. “1965 ist das [Floating] entwickelt worden in den USA. […], um die Astronauten auf die Raumfahrt vorzubereiten. Um das mit dieser Schwerelosigkeit zu erforschen. Und in den 70ern ist es dann durch die Beatles eigentlich ein bisschen bekannt geworden. Es zeichnet sich dadurch aus, dass wir das tote Meer simulieren. Der Salzgehalt liegt bei etwa 30-33% und die Dichte der Sole ist dichter als der Körper und darum schweben sie wie ein Korken auf dem Wasser. Sie können auch einen Elefanten darauf legen, […] der wird schweben”, sagt Mielke.
Ok, ich habe nur 60 Minuten Zeit, meinen Job hier richtig zu machen. Irgendwie will ich alles richtig machen. Aber das verlangt ja Abschalten. Nicht gerade meine Stärke. Hier liege oder floate ich – in völliger Dunkelheit. Also … es hat was von Science Fiction. Ein konserviertes Lebewesen. Auf Abruf. Unendliche Stille, um sich bald aus dem Ei zu pellen. Noch aber, bitte … entspanne ich.
Schon vier oder doch schon 40 Minuten? Ok! Zeit, sich auf den Atem zu konzentrieren! Ich glaube, so macht man das beim Meditieren. Und siehe da! Ich spüre das Leben und vielleicht sogar meinen Puls. Ich weiß, ich soll das nicht machen, aber ich stoße mich von einer Wand zur anderen, drehe mich. Wie in den Gezeiten eines Miniatur-Meeres. Und siehe da: Ich entkomme einem Gedankenwirrwarr und stürze in das nächste, nur irgendwie verspielter, kindisch? Befreiend!
Die Floatonauten: Flugkapitäne, Opernsänger und ganz normale Leute
Und dann ist da auf einmal dieses Rauschen in meinem Kopf. Das Rauschen durchdringt meinen Schädel. Nicht verrückt werden. Obwohl … meine Zeit hier ist begrenzt und ich bin bereit, durchzudrehen.
Wer hat eigentlich Zeit und Geld zum Floaten? Schließlich kostet eine Stunde floaten hier mehr als stolze 70 Euro. Betreiber Mielke berichtet: “Wir haben Flugkapitäne und Opernsänger. Und wir haben auch ganz normale, einfache Leute, die einfach sagen: Es tut mir gut. Da kann ich mich halt einfach fallen lassen. Das hat überhaupt nichts mit dem Einkommen zu tun. Jeder Mensch entscheidet für sich selbst, was Gutes zu tun. Und wenn er auch viel Geld hat und ist nicht bereit, für seinen Körper was Gutes zu tun, sondern eher – sage ich mal – für seine materiellen Güter, dann wird der nicht zum Floaten kommen. Ist jemand, der vielleicht arbeitslos ist, aber er will aus seinem Körper etwas machen und er weiß, dass der Körper das einzige Kapital ist, was er hat und was ihn braucht.. Darum spielt es keine Rolle, ob er arm oder reich ist”, erklärt Betreiber Mielke.
Monetarisiertes Abschalten hinterlässt Fragezeichen
Zugegeben: Abschalten auf Knopfdruck fällt mir nicht gerade leicht. Am Ende bleiben irgendwie noch mehr Fragezeichen als Antworten über das monetarisierte Abschalten. War es das schon? Die Entspannung wird für mich irgendwie erst im Nachhinein sichtbar. In der Retroperspektive hat man abgeschaltet.
Es bleibt so etwas wie die Erinnerung an einen Tagtraum: Ich stoße mich von der Beckenwand ab – meiner Blechdose. Sie gleitet mir aus den Händen. Und ich schwebe davon – ähnlich wie Bowie – auf höchst eigenartige Weise. Ein Anflug von Kontrollverlust – in Dauerschleife.