Barbie – Kann eine Puppe Feminismus?

Ein Kommentar zum wohl meist diskutierten Film des Jahres.

Starbesetzt und ein Rekordbruch nach dem anderen – Der Film “Barbie” von Regisseurin Greta Gerwig  ist ein Kassenschlager und Thema jeder aktuellen Diskussion. Zwischen pinkem Kapitalismus und dem Traum kleiner Mädchen – kann eine 70 Jahre alte Puppe mit dem heutigen Feminismus mithalten?

 


GESPRÄCHSSTOFF

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Greta Gerwig ist alles. Sie ist nur Barbie. 

Am Anfang war Marketing. Seit Wochen ist das Internet mit Barbiecore Videos geflutet: TikTok- und Instagram-Nutzer:innen fiebern seit Monaten auf den letzte Woche erschienen Barbie-Film hin. Sie alle tragen ähnliche Klamotten: pink, rosa und traditionell weiblich. Die Message ist deutlich: pink steht hier eindeutig für Feminismus! 

Die Regisseurin Greta Gerwig ist für starke weiblich Rollen bekannt. Mit Indie-Produktionen wie dem Film “Frances Ha” oder “Ladybird” und ihren komplexen Charakteren hat sie sich über das letzte Jahrzent hinweg einen Namen in Hollywood gemacht. Nicht nur das Publikum, sondern auch Menschen mit Rang und Namen sind somit auf sie aufmerksam geworden. Auch im Film ist jede kleine Nebenrolle mit Stars besetzt: Margot Robbie spielt die stereotypische Barbie, Schönling Ryan Gosling ist Ken und selbst die Meerjungfrau Barbie, mit nur einer Zeile Text, ist Pop-Sängerin Dua Lipa. Alles klar nach dem Motto: Women supporting women!

Barbie, ein wahrer Girlboss?

Im Film leben in einem utopisch, matriarchal organisierten Barbieland frei nach dem Motto “jeden Tag ist der perfekte Tag”. Sie leben in dem Glauben, dass durch sie und die tausend Jobs, in die Barbie-Puppenn über die letzten Jahre geschlüpft sind, in der echten Welt Gleichberechtigung herrscht und Frauen alles werden können was sie wollen. Ken existiert nur für Barbie und hat keine eigene Persönlichkeit, außer Barbie zu lieben. Fast so charakterlos wie die Frauen, die dem berühmten Agenten James Bond  in den Filmen hinterhereifern. 

Dann durchlebt Barbie eine existentielle Krise und muss in die echte Welt reisen, in der alles so gar nicht perfekt und gleichberechtigt ist. Männer haben hier das Sagen und Mädchen finden Barbies doof, weil sie unrealistische Schönheitsstandards setzt und veraltete Rollenbilder propagiert. Und Ken entdeckt das Patriarchat, dass er im Nu in Barbieland etabliert. 

Barbie realisiert schnell dass der gut gemeinte sogenannte “Girlboss”-Feminismus zu kurz greift. Die systematischen Probleme bleiben bestehen und Frauen werden durchgänig mit Arbeit zu Hause belastet und zusätzlich in der Erwerbsarbeit wenig ernst genommen. Eine legitime feministische Kritik an patriarchalen Strukturen, die auch die systemischen Verhältnisse der heute existierenden Erwerbsgesellschaft existieren.

Das Rebranding einer Puppe

Das ist ganz schön viel Kritik für einen Hollywood, vor allem am großen Mutterunternehmen von Barbie “Mattel”. Der hat diesen Film auch mitproduziert und plant jetzt eine ganze Franchise aus den hauseigenen Figuren zu machen. Obwohl viel an unserer heutige Gesellschaft kritisiert wird und durch eine reflektierte Linse betrachtet wird, bleibt ein fader Beigeschmack. Alles wird auf den Fokus gelegt die klassische Barbie-Puppe umzudenken und die Idee von Barbie zu zelebrieren und weniger die normschöne Puppe die seit Jahren immer wieder Teil einer Diskussion über Schönheitsideale ist. 

So bleibt die Kritik relativ oberflächlich und geht nicht weiter in die Tiefe. 

Obwohl der Film auch zunehmend Diversität aufzeigt, es gibt Barbies im Rollstuhl, Barbies mit Down-Syndrom, Barbies mit verschiedenen Hautfarben und sogar Barbies mit verschiedenen Körpergrößen, wird Diskriminierung nicht weiter aufgegriffen. Eine Verschränkung verschiedener Ungleichheitsebenen wird ignoriert, obwohl diese im Thema des Feminismus mittlerweile ständiger Diskurs sind. Auch wird eine klassische binäre Geschlechtereinteilung stark propagiert. Auf der einen Seite stehen die Barbies, mit ihrer klassischen Weiblichkeit, auf der anderen Seite die Kens, Männer, die eine neue Männlichkeit vorweisen. Alles um die beiden Pole rum existiert quasi nicht. Die Standard blonde Barbie ist immer noch die als normal geltende Puppe, alle anderen Puppen sind anders.

Barbie der Film – eine einzige Marketingstrategie?

Der Barbie-Film ist definitv nicht perfekt und porträtiert keinen komplexen Feminismus, sondern eher eine oberflächliche Kritik an Rollenbildern, die durch ein komplexes System gestützt werden. Leider vergisst der Film dabei viele Ebenen und zeigt das Feminismus mittlerweile nur bedingt Hollywoodreif ist. Viel mehr ist Feminismus eine gute Marketing-Strategie, die aber immer noch stark mit den monetären Mitteln großer Firmen wie “Mattel” zusammenhängt. Der Film ist ein Schritt in die richtige Richtung und strebt eine Veränderung des modernen Kinos an, wie genau das aussehen wird, ist jedoch noch nicht klar.

 


Autorin:

Quetzi