Unterbringung von ukrainischen Geflüchteten in Deutschland

Wenig Wohnraum für ukrainische Geflüchtete

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine waren zahlreiche Ukrainer:innen gezwungen, das Land aus Sicherheitsgründen zu verlassen. Die Zahl der Ukrainer:innen, die Unterstützung bei der Suche nach einer vorübergehenden Unterkunft im neuen Land benötigten, war von Beginn an hoch. CouchFM-Reporterin Viktoriia war im Interview mit Kitty Thiel, einer der Referent:innen für Asylrecht- und Flüchtlingspolitik beim Wohlfahrtsverband AWO.


GESPRÄCHSSTOFF

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Wie in diesem Bild, kommen viele ukrainische Flüchtlinge über den Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) in Berlin an.


Probleme bei der Wohnungssuche in Deutschland haben nicht nur Einheimische, sondern auch Flüchtlinge. Seit Kriegsbeginn ist die Zahl der ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland stark gestiegen. Laut statistischen Angaben der Bundesregierung sind rund 1,1 Mio. Ukrainer:innen nach Deutschland eingewandert, 340 000 Menschen davon kamen in Berlin an, wo sie auch erste Hilfe erhalten haben. Laut Statistischem Bundesamt handelt es sich in Deutschland im Jahr 2022 seit Kriegsbeginn in der Ukraine um eine größere Zuwanderung als noch 2015. Von zehn Schutzsuchenden kommen acht aus der Ukraine. In diesem Zusammenhang stellt die Wohnungssituation in Deutschland für viele Ukrainer:innen eine große Herausforderung dar.

AWO als erste Anlaufstelle bei der Wohnungssuche

Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist gerade in der Hauptstadt Berlin komplett überlastet. Einer der vielen deutschen Wohlfahrtsverbände, die bei der Wohnungssuche helfen, ist die Arbeiterwohlfahrt e.V., kurz AWO. Die AWO übernimmt eine Vielzahl an sozialen Unterstützungsangeboten, z. B. betreiben sie Kindertagesstätten. Sie bieten aber auch Hilfe an für Menschen mit Behinderung, Senior:innen, Arbeitslose sowie Migranten:innen und Schutzsuchende. Im Gespräch mit einer AWO-Mitarbeiterin haben wir die Frage gestellt, wie die Unterbringung ukrainischer Geflüchteter in Deutschland zurzeit funktioniert. Kitty Thiel arbeitet seit 2020 als Referentin für Asylrecht und Flüchtlingspolitik beim Bundesverband der AWO.

Quelle: AWO Sachsen

Sie betont, dass es jede Menge Engagement von Seiten deutscher Bürger:innen gibt, die ukrainische Flüchtlinge durch die Bereitstellung von privaten Wohnungen unterstützen. Das heißt, dass die Ukrainer:innen entweder gemeinsam mit Deutschen wohnen oder – je nach Möglichkeit – eine leerstehende Wohnung für sie zur Verfügung gestellt wird.

Die Gastfreundschaft birgt auch Gefahren

Aufgrund der Anonymität hat die AWO keinen Zugang zu statistischen Daten über die Anzahl der in Deutschland untergebrachten Ukrainer:innen. Aus diesem Grund hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat eine erste umfassende repräsentative Befragung von Geflüchteten aus der Ukraine im Jahr 2022 unter der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V (BAGW) durchgeführt. Laut dieser Umfrage waren von 11 000 ukrainischen Bürger:innen 74 Prozent privat untergebracht und nur 9 Prozent in Gemeinschaftsunterkünften. Doch trotz der großen Zahl von Ukrainer:innen, die in Privathaushalten untergekommen sind, bestehen weiterhin Gefahren. Auch wenn viele der ankommenden Flüchtlinge in öffentliche Unterkünfte gebracht werden, gibt es oft nicht ausreichend Plätze. Da bieten viele Deutschen an, einen Teil der Ukrainer:innen in ihren eigenen Wohnungen einzuquartieren. Laut Frau Thiel besteht hier ein Risiko, denn niemand weiß, wer diese Person ist, die eine Unterkunft zur Verfügung stellt. Die Unterbringung in Privathaushalten stellt insbesondere für Frauen mit Kindern eine Gefahr dar. In einigen Fällen würden sie als Hilfskraft im Haushalt ausgebeutet. Denn in der Not, ohne Sprachkenntnisse und in einem fremden Land sind die meisten Ukrainer:innen oft orientierungslos. Viele Männer erkennen diese Not und sehen darin eine Gelegenheit, sich ukrainische Haushälterinnen zu beschaffen.

Anders als die Ausländerbehörde – die Geflüchtete auf Wunsch gezielt Wohnraum in einer bestimmten Stadt oder einem gezielten Bundesland vermitteln kann – ist die AWO leider nicht in der Lage, Unterbringungsmöglichkeiten in anderen Städten zu organisieren. Dadurch würden Familienmitglieder ukrainischer Geflüchtete oft auf mehrere Städte verstreut. Grund dafür sei ein Mangel an Gemeinschaftsunterkünften, in denen auch ganze Familien Platz finden würden. Dennoch hilft die Arbeiterwohlfahrt den Ukrainer:innen bei der Überprüfung privater Unterbringungsmöglichkeiten. Denn bevor eine ukrainische Familie bei einer anderen Person unterkommen kann, muss sichergestellt sein, dass dies ein sicheres Umfeld für die Geflüchteten bedeutet.

Weiterführende Informationen

Unter folgenden Links findet ihr die Zahlen und Fakten zur Situation ukrainischer Flüchtlinge in Deutschland:
Asylzahlen für das Jahr 2022: BMI – Presse – Acht von zehn Schutzsuchenden kommen aus der Ukraine (bund.de)
1,1 Millionen Ukrainer in Deutschland: Flüchtlinge: 1,1 Millionen Ukrainer in Deutschland – ZDFheute
Flüchtlinge in Berlin: Flüchtlinge in Berlin: “Kapazitäten nahezu ausgeschöpft” | tagesschau.de
So unterstützt Deutschland ukrainische Geflüchtete: So unterstützt Deutschland ukrainische Geflüchtete | Bundesregierung
Die AWO sucht regelmäßig nach ehrenamtlicher Unterstützung bei der Versorgung und Beratung von Geflüchteten. Falls ihr helfen möchtet, findet ihr hier mehr Infos: //awo.org/ehrenamtlich-engagieren

 


Autorinnen:

Autorinnenporfilbild Viktoriia Zybalo

Viktoriia

Lovina