Wissenschaft im Home Office und die Betreuung kleiner Kinder lassen sich kaum miteinander vereinbaren. Die Karrieren junger Wissenschaftlerinnen könnten langfristigen Schaden nehmen.
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Wegen der Corona-Pandemie sind Kindergärten und Schulen seit Monaten geschlossen, sodass Kinder rund um die Uhr von ihren Eltern betreut werden müssen. Die zusätzlich anfallende Sorgearbeit wird hauptsächlich von Frauen übernommen, sodass diese in der Folge weniger Kapazitäten für ihre beruflichen Tätigkeiten haben. Bei jungen Wissenschaftlerinnen mit Kindern leidet vor allem die eigene Forschung.
Bereits im April hatte die italienische Sozial-Demografin Alessandra Minello in einem Artikel in Nature auf das Problem aufmerksam gemacht und gemutmaßt, dass in den folgenden Wochen und Monaten die Anzahl der von Wissenschaftlerinnen eingereichten Artikel deutlich abnehmen werde. Erste statistische Auswertungen bestätigen diese Befürchtung inzwischen. Gleichzeitig gibt es Hinweise darauf, dass die Anzahl der von Männern eingereichten Artikel sogar zunimmt. Dieses Ungleichgewicht könnte langfristige Folgen haben, denn die Anzahl und Qualität der Publikationen hat als wichtiger Bestandteil des Lebenslaufs Einfluss darauf, wer befördert oder auf einen Lehrstuhl berufen wird.
Der Verein für Socialpolitik hat deshalb einen offenen Brief an mehrere Forschungsgemeinschaften geschrieben. Er weist auf das Problem hin und schlägt vier Maßnahmen zur gezielten Förderung junger Wissenschaftlerinnen mit Kindern vor: Laufende Verträge sollen für die Dauer der Pandemie verlängert werden und der Zeitraum soll ähnlich wie eine Elternzeit bei der Entscheidung über Einstellungen abgezogen werden, Wissenschaftlerinnen sollen für ihre Forschung und Lehre Unterstützung von Hilfskräften bekommen und im Wintersemester weniger unterrichten müssen.