Geflüchtete vor den geschlossenen Toren Europas

Ein Schutzsuchender aus Afghanistan berichtet über die Auswirkungen der europäischen Abschottungspolitik

Karim ist 28 Jahre alt und kommt aus Afghanistan. Aufgrund von Todesangst musste er seine Heimat jedoch verlassen. Er hat sich auf den Weg nach Europa gemacht, um dort ein sicheres, angstfreies Leben führen zu können. Seit mehreren Monaten steckt er nun im Norden Bosniens fest, da die kroatische Polizei die EU-Grenze gewaltvoll und illegal verteidigt.

 


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GESPRÄCHSTOFF

 

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Der Norden Bosniens und Herzegowinas ist zum Flaschenhals der Migrationsbewegung in die Europäische Union geworden. Es ist das letzte Land auf der sogenannten “südlichen Balkanroute”, bevor mit Kroatien die EU beginnt. Für tausende Schutzsuchende u.a. aus dem Iran, Afghanistan, Marokko, Pakistan und Bangladesch ist die kroatische Grenze zu einer fast unüberwindbaren Hürde auf ihrem Weg in ein sicheres, angstfreies Leben geworden.


Die EU-Außengrenze ist stark militarisiert und wird mit Infrarotkameras, Hubschraubern, Stacheldrahtzäunen, Bewegungsmeldern und Polizeihunden bewacht. Darüber hinaus führt die kroatische Polizei systematisch illegale “Pushbacks” durch. Das bedeutet, dass Menschen, die es nach Kroatien geschafft haben und dort ihr Recht auf einen Asylantrag wahrnehmen wollen, rechtswidrig und mitunter gewaltvoll von der kroatischen Polizei zurück nach Bosnien gebracht werden.

Diskriminierung und Repressionen im bosnischen Grenzgebiet gegenüber Migrant:innen

Auch Karim leidet unter der EU-Migrationspolitik. Seit mehreren Monaten sitzt er im bosnischen Grenzgebiet fest, weil ihm der Weg in die EU rechtswidrig versperrt wird. Die humanitäre Lage in Bosnien und Herzegowina ist für Geflüchtete sehr prekär. Die offiziellen Camps, die von der IOM (International Organisation for Migration, eine Partnerorganisation der Vereinten Nationen) betrieben werden, sind überfüllt und ermöglichen kein menschenwürdiges Leben. Deswegen leben viele Schutzsuchende in “wilden Camps” oder Bauruinen. Dort fehlt es ihnen am Nötigsten. Weder die Wasser- noch Stromversorgung ist gesichert und sie haben keinen Zugang zu ausreichender Nahrung. Sie sind auf die Hilfe von solidarischen Helfer:innen Strukturen angewiesen.

Geflüchtete mit Schüsseln an einer rostigen Feuerschale


Darüber hinaus sind die Geflüchteten rechtlichen Diskriminierungen und gesellschaftlichen Repressionen ausgesetzt. Es gilt z.B. ein Transport- und Beherbergungsverbot für Migrant:innen und einige semi-öffentliche Räume, wie z.B. Cafés oder Supermärkte, dürfen die Schutzsuchenden nicht betreten.
In dem Beitrag erzählt Karim von Fluchtursachen und dem Leben in Afghanistan. Außerdem berichtete er von der Grenzgewalt und den illegalen Pushbacks durch die kroatische Polizei und schildert die aktuelle Situation im bosnischen Grenzgebiet.


Weiterführende Links

Zu einer Dokumentation der illegalen Pushbacks in der Balkanregion vom Border Violence Monitoring Network geht es hier. Über den geplanten NATO-Rückzug aus Afghanistan berichtete die Tagesschau hier. Außerdem gibt es einen Bericht über die humanitäre Krise im bosnischen Grenzgebiet sowie einen Bericht über das Schicksal afghanischer Väter, die von den kroatischen Behörden von ihrer Familie getrennt wurden. Zu einem Bericht von Amnesty International über die Situation in Afghanistan geht es hier.


Autorin:

couchFM Mitglied Marita Fischer

Marita