Sie wollen keine Unterdrückung mehr: Die Menschen Myanmars bäumen sich gegen die gewaltvolle Militärregierung ihres Landes auf und hoffen dabei auf internationale Unterstützung. Seit dem Militärputsch 2021 stellt sich ein Großteil der Bevölkerung Myanmars gegen die Regierung, doch der blutige Kampf bleibt ein kleiner Punkt in der Landschaft der deutschen Medien. Was tut der globale Westen für die Menschen, die für ihre Grundrechte jeden Tag ihr Leben aufs Spiel setzen?
GESPRÄCHSSTOFF
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Proteste, gewaltvolle Unterdrückung, Verhaftungen, Bombenanschläge auf Zivilisten. Seit dem 1. Februar 2021 sieht so die Realität in Myanmar, dem ehemaligen Burma, aus. Denn an diesem Tag riss das Militär Myanmar’s durch einen Putsch die Macht an sich – zum wiederholten Male.
Seit über zwei Jahren kämpfen die Menschen in Myanmar nun schon um ihre Rechte und um Demokratie. Dabei bringen sie große Opfer und riskieren, mit jeder Aktion verhaftet, gefoltert oder sogar getötet zu werden.
Der Militärputsch in Myanmar ist eine Wiederholung der Geschichte. Schon 1962 fand ein erster Putsch statt und später folgte auch eine langjährige Militärherrschaft, welche das Land vom Rest der Welt abschottete. Erst 2011 wurden dann demokratische Reformen angekündigt und eine erste richtige Wahl fand statt. Die Nationale Liga für Demokratie (NLD) schaffte es ins Parlament und eine Phase der ersten wackeligen Demokratie in Myanmar begann. Wackelig, weil viele Generäle der vorherigen Militärregierung weiterhin wichtige Posten in der Politik besetzten und nie ganz an Macht verloren. Nur so war auch der jüngste Putsch des Militärs möglich und Myanmar wird nun erneut einer Krise unterzogen.
Wie reagiert die Bevölkerung?
Die Menschen scheinen genug zu haben und bäumen sich mehr auf als je zuvor in der Geschichte. Das erkennt auch Mo*, einer der burmesischen Geflüchteten in Mae Sot, einem thailändischen Grenzort. Er sagt, dass es dieses Mal anders sei. Die Revolution liefe schon seit zwei Jahren, weil die Menschen jetzt die Vorteile der Demokratie erlebt hätten und jetzt bereit seien, einen langen Kampf dafür zu kämpfen.
Mo ist Vater und nun allein mit seinen zwei Töchtern, da seine Frau wegen gesundheitlicher Schwierigkeiten nicht mit ihnen fliehen konnte. Er erzählt, dass er Mitglied des Civil Disobedience Movement (cdm) gewesen sei und er deswegen verfolgt, ihm sein Haus genommen und sein Bankkonto eingefroren wurde. Alles ging in den Besitz des Militärregimes über und er und seine Familie mussten sich auf die Flucht begeben.
Frustration ist bei den Geflüchteten in Mae Sot zu spüren. Aber es schwingt auch Stolz und Hoffnung in der Stimme von Mo mit, als er erzählt, dass manche Mitglieder der PDF nicht einmal Waffen hätten. Sie würden sich aber trotzdem gegen das Militär stellen, um der internationalen Community zu zeigen, dass sie bereit seien, für die Demokratie zu sterben.
Mit der PDF meint er “The People Defense Force”, eine Widerstandsgruppe, die sich als Armee der demokratischen Partei versteht und seit dem Putsch gegen das Militär vorgeht. Da sie nicht genug Ausrüstung haben, stellen sich viele Menschen auch komplett unbewaffnet den militärischen Angriffen entgegen. Sie wollen ein Zeichen für ihr Land und für die Demokratie setzen.
Doch wie reagiert die internationale Community?
Ein Artikel der Wochenzeitung DIE ZEIT vom 23.4.23 schreibt über die Lage als „Der Krieg, den keiner kennt“ und generell ist das Thema überraschend wenig in unseren deutschen Medien vertreten. Eine Google-Suche zeigt, dass dieser bewegende Konflikt hier nur wenige Menschen erreicht: Weitgehende Solidaritätsbekundungen, wie es sie bei anderen politischen Krisen gab, bleiben aus.
In Mae Sot singt Mo mit seinen Freunden aus Myanmar das Revolutionslied bei einem Karaoke-Abend. Obwohl eben noch die beste Stimmung herrschte, halten sich plötzlich alle in Solidarität an den Händen. Tränen treten in die Augen, während sie inbrünstig das Lied singen. Es wird klar: die Stärke und Hoffnung dieser Menschen hat einen langen Atem.
*Geänderter Name, Person möchte Anonymität.
Meinen Gesprächspartner habe ich bei einem Besuch einer Schule in Mae Sot kennengelernt. Er ist Vater von einem der geflüchteten Kinder aus Myanmar, die dort unterrichtet werden.
Weiterführende Informationen
Auf folgender Webseite könnt ihr den Artikel der ZEIT lesen.
Autorin:
Johanna