Kommentar: Krieg in der Ukraine

Leben in Zeiten von Krieg

Vom Krieg in der Ukraine sind zahlreiche Ukrainer*innen betroffen, selbst dann, wenn man sich zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs in einem anderen Land aufhielt. Aus diesem Grund möchte ich meine persönliche Geschichte und meinen Umgang mit dem Krieg teilen und zeigen, wie sich das Leben mit einem einzigen Fingerdruck komplett verändern kann.


GESPRÄCHSTOFF

Jetzt anhören:

Eine Explosion am frühen Morgen in einem Wohngebiet in Odessa | Quelle: private Fotografie


24. Februar 2022. Ein Tag, der das Leben der ukrainischen Bevölkerung verändert hat. Ein Tag, der viele Menschen nicht nur mit einem gebrochenen Herzen, sondern auch mit tiefen seelischen Narben zurückließ. Der 24. Februar markiert den Tag, an dem die gesamte Ukraine um fünf Uhr morgens von heftigen Explosionen geweckt wurde. In Panik rannten die Menschen aus ihren Häusern auf die Straße. Was für viele erst unbegreifbar war, stellte sich irgendwann als traurige Gewissheit heraus. Die westlichen Medien hatten zuvor einen möglichen Überfall Russlands auf die Ukraine prognostiziert. Als die ersten Explosionen gerade begonnen hatten, wurde aus der Prognose Realität.

Ehrlich gesagt fällt es mir schwer, zu glauben, dass so etwas im 21. Jahrhundert passieren kann: Dass ein Staat, einen anderen souveränen und unabhängigen Staat ohne nachvollziehbaren Grund angreift und die Macht in diesem für sich beanspruchen will. Die Situation in der Ukraine gleicht einem Völkermord an der ukrainischen Bevölkerung. Immer wieder stelle ich mir die Frage, wie mein Leben wäre, hätte es den Überfall am 24. Februar nicht gegeben. Was gewesen wäre, wenn die Berichte der Medien und Geheimdienste nicht wahr geworden wären. Dieser Satz, “Was wäre, wenn…”, hat es nicht nur bei mir, sondern bei so vielen anderen Ukrainer*innen geschafft, uns von innen zu zerstören.
Ich persönlich hatte die Berichte erst auch nicht ernst genommen. Ich war immer davon ausgegangen, meine Familie in der Ukraine besuchen zu können. Doch ich muss sagen, auch wenn ich außerhalb des Landes war und die Kampfhandlungen nicht persönlich miterlebt hatte, hat der Krieg mich verändert und Spuren bei mir hinterlassen.

Deutschland als Zufluchtsort

In der Hoffnung, ihr Leben zu retten, waren tausende von Ukrainern gezwungen, ihre Städte zu verlassen. Das Chaos an den Grenzübergängen sowie die moralische und emotionale Belastung der Menschen an der Grenze lässt sich in keiner Weise beschreiben.
Als erste flohen meist Frauen mit ihren Kindern. Auch ältere Menschen machten sich anfangs auf den Weg. Kurz nach Beginn der russischen Okkupation wurde jedoch in der Ukraine eine strenge Wehrpflicht verhängt und alle Männer, die mindestens 18 Jahre und höchstens 60 Jahre alt waren, durften das Land nicht verlassen. Für diejenigen, die sich rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten, diente Deutschland wie zahlreiche andere EU-Länder als sicheres Aufnahmeland für ukrainische Geflüchtete. Laut Angaben des Mediendienstes Integration waren zum Dezember 2022 rund 96 Prozent der registrierten Flüchtlinge, die in Deutschland ankamen, Ukrainer*innen: 70% der Erwachsenen sind Frauen während 34% der hier Angekommenen auch Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren waren. Mittlerweile dient Deutschland bereits mehr als einer Million ukrainischen Geflüchteten als Zufluchtsort.

Seit über 10 Monaten lebt Viktoriia nun mit ihrer ukrainischen Familie in Berlin. Auf dem Bild sieht man ihre kleine Schwester bei einem Spendenkonzert zu Ehren der Ukraine am Brandenburger Tor. | Quelle: private Fotografie

Abschließend ist festzuhalten, dass der Krieg in meinem Heimatland, der Ukraine, nicht nur Auswirkungen auf mein Leben, sondern auf das aller Ukrainer*innen hat. Ich persönlich kenne nur die Erzählungen anderer. Ich selbst war zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Krieges nicht vor Ort. Aber ich weiß, dass viele Bekannte und Freunde von mir gezwungen waren, ihre Heimat aus Sicherheitsgründen zu verlassen. Zurzeit befinden sie sich in verschiedenen EU-Ländern und warten auf das Ende des Krieges.

Ich wünsche mir, dass der Krieg in meiner Heimat möglichst bald zu Ende ist und alle, die die Ukraine verlassen mussten, wieder nach Hause zurückkehren können. Doch was immer bis dahin geschieht: Die Zahl der unschuldigen Opfer, der zerrütteten Menschenleben, die dieser Krieg verursacht hat, wird nie vergessen werden.

Weiterführende Informationen

Auf der Seite des Mediendienst Integration findet ihr einen Überblick über Zahlen und Fakten in Bezug auf ukrainische Geflüchtete in Deutschland.

Über die Seite des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gelangt ihr zum Ausländerzentralregister. Hier werden alle Daten über nach Deutschland kommende Menschen gebündelt.


Autorin:

Autorinnenporfilbild Viktoriia ZybaloViktoriia