Studienabbruch

Scheitern als Chance

Studienabbruch – und dann? Die Entscheidung zum Abbruch geht oft mit der Angst vor dem Danach einher. Dabei muss ein Abbruch kein Scheitern bedeuten, sondern kann zahlreiche Möglichkeiten bieten. couchFM-Reporterin Maira hat mit Franziska Wildner vom Beratungsnetzwerk Queraufstieg über Unzufriedenheit im Studium, Beratungsangebote und Fuckup-Treffen gesprochen


GESPRÄCHSTOFF

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Je nach Bildungsinstitution verlassen rund ein Viertel bis ein Drittel aller Studierenden in Deutschland die Hochschule ohne Abschluss. Während die Abbruchquoten von Fachhochschulen 2018 mit 13% in Master- und 23% in Bachelorstudiengängen leicht rückläufig sind, bleiben sie bei den Universitäten auf einem konstant hohen Niveau. So lagen die Abbruchquoten der Universitäten im gleichen Jahr in Masterstudiengängen bei 23% und in Bachelorstudiengängen sogar bei 32%. So geht es aus einer Statistik des Ministeriums für Bildung und Forschung für 2021 hervor , die die Studienabbruchquoten von 2006-2018 miteinander vergleicht. Dabei sind die Abbruchquoten in bestimmten Fachbereichen noch höher. Laut eines Berichts des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) zur Entwicklung der Studienabbruchquoten an den deutschen Hochschulen belief sich die Abbruchquote 2016 in Bachelorstudiengängen der Geisteswissenschaften auf 37%, in Mathematik und den Naturwissenschaften sogar auf 41%.

Die Gründe für einen Studienabbruch und Zweifeln am Studium reichen von zu hohen fachlichen Anforderungen, über mangelnden Praxisbezug bis hin zur Wahl des falschen Studienfachs. In unserer Freitagsfrage zum Thema haben couchFM-Reporter:innen Jan und Paula mit Studierenden der Humboldt-Universität gesprochen, die bereits ein Studium abgebrochen oder zumindest darüber nachgedacht haben. Die Befragten gaben beispielsweise an, dass sie die Entscheidung zu studieren aufgrund von gesellschaftlichem Druck und mangelnder Orientierung nach der Schule oft unüberlegt getroffen haben und im Studium schnell merkten, fehl am Platz zu sein.

Für die meisten führte die Auseinandersetzung mit der Unzufriedenheit im Studium aber dazu, sich nach Alternativen umzusehen und ein neues Studium oder eine Ausbildung zu beginnen. Ein Studienabbruch scheint also selten das Ende des Bildungswegs zu sein, sondern vielmehr eine Umorientierung zu ermöglichen. Das bekräftigt auch Franziska Wildner vom Beratungsnetzwerk “Queraufstieg”.

Studienabbrecher:innen wissen, wie man Krisen bewältigt

Das Beratungsnetzwerk “Queraufstieg” vernetzt Studierende u.a. mit Beratungsstellen und setzt sich für einen produktiven Umgang mit dem Thema Studienabbruch ein. Denn obwohl viele Studierende im Laufe des Studiums über einen Abbruch nachdenken, ist das Thema noch immer ein Tabu. Ein Abbruch fühlt sich häufig nach Scheitern an – die Angst vor dem Knick im Lebenslauf ist groß. Dabei sieht die Realität ganz anders aus, meint Franziska Wildner und betont, dass Studienabbrecher:innen Lebenserfahrung und wichtige fachliche und methodische Kernkompetenzen mitbringen. Nicht zuletzt, weil sie aus der Erfahrung des Studienabbruchs gelernt haben,Krisen erfolgreich zu bewältigen. Unternehmen würden händeringend nach kompetenten Fachkräften suchen und seien Studienabbrecher:innen sehr viel aufgeschlossener gegenüber als man allgemein annimmt. Oft sei die Erfahrung des Austauschs bereits sehr erleichternd und kann Klarheit schaffen. Um das Thema Studienabbruch zu entstigmatisieren, veranstaltet das Beratungsnetzwerk beispielsweise sogenannte “Fuckup”-Treffen. Hier erzählen Studienabbrecher:innen ihre Geschichten und berichten über ihren Werdegang nach dem Abbruch. Dabei geht es nicht darum, Studierende zum Studienabbruch zu ermuntern, sondern vielmehr Perspektiven aufzuzeigen, wie ein beruflicher Neuanfang gelingen kann.

Franziska Wildner plädiert dafür, sich in jedem Fall beraten zu lassen, sobald Zweifel am Studium aufkommen. Denn die Gründe müssen nicht immer fachlich oder strukturell sein, sondern können auch mit privaten Lebensumständen zusammenhängen. Das Beratungsnetzwerk “Queraufstieg” hilft Studierenden dann das passende Beratungsangebot zu finden, um eine informierte und überlegte Entscheidung zu treffen. Für einen erfolgreichen Studienabschluss oder einen erfolgreichen Studienabbruch.

Weiterführende Links und Quellen

Beratungsnetzwerk Queraufstieg. Informationen und Termine zu Veranstaltungen z.B. von Fuckup-Treffen.

Bericht vom Bundesministerium für Bildung und Forschung 2021.

Bericht zur Entwicklung der Studienabbruchquoten an den deutschen Hochschulen vom DZHW.

Informationen zum Thema Studienabbruch und alternativen Bildungsmöglichkeiten vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

 

 


Autorin:

Lea Schüler