Queeres Tarot gegen sexualisierte Gewalt

Berliner Tattoostudio “Muschi Muschi” kreiert das erste queere Tarot gegen sexualisierte Gewalt

Seit dem 14. Jahrhundert legen sich Menschen Tarotkarten und immer wieder wird Tarot neu erfunden. Im Berliner “Muschi Muschi”-Tattoostudio entstand das erste queer-feministische Tarot. Tattoowiererin und Initiatorin des Projekts Macha Machenka erzählt couchFM, was an den Karten queer und politisch ist.


GESPRÄCHSTOFF

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„Menschen brauchen Magisches in ihrem Leben und sie brauchen einen emotionalen Raum, um Dinge einzuordnen. Tarotkarten sind ein Mittel, die irrationale Welt zu verstehen, in der wir leben.“ (Macha Machenka)

Tarot

Tarot besteht in dem meisten Decks aus 78 Karten. Sie bieten viele Lesarten, um einen Blick in Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit zu werfen. Seit dem 14. Jahrhundert legen sich Menschen Tarotkarten und damals wie auch heute stellen Menschen sich nach wie vor Fragen wie: Was passiert nächstes Jahr? Welche Hindernisse kommen auf dem Weg zu meinem Ziel auf mich zu? Treffe ich die große Liebe? Wie entwickelt sich meine Freundinnenschaft? 

Das Muschi Muschi Tarot

Aus den traditionellen Kelchen werden Menstruationstassen, aus den Stäben Schwangerschaftstests und statt an düsteren Schakalen oder Monstern, muss man nun an Katzen vorbei zum Glück. Aus dem liebenden Paar aus Frau und Mann wird ein lesbisches Paar, der Herrscher verwandelt sich vom weißen Mann zur indigenen Latina. 

Tattoowiererin Macha Machenka hat 2020 das erste queer-feministische Tarotdeck “Muschi Muschi” ins Leben gerufen. Alle 48 internationalen Künstler:innen, die an dem Projekt mitgewirkt haben, sind FLINTA Personen – also Personen, die nicht cis-männlich sind.

Spirituelle Lebensberaterin und Kartenlegerin Lia erzählt, dass sich Tarot immer wieder neu erfindet:

“Es gibt so viele verschiedene Menschen auf der Welt. Warum soll es dann noch nicht ganz viele verschiedene Kartendeck geben und auch ganz verschiedene Bedürfnisse? Also es gibt auch Tarot für Menschen, die mit Tieren kommunizieren. Ich finde, man kann damit super viel machen und ich finde das total cool, dass das auch immer wieder neu interpretiert wird.” (Lia)

Gegen sexualisierte Gewalt

Das Tarot fördert aber nicht nur die Sichtbarkeit queerer Tattookünstler:innen, sondern hat auch einen politischen Effekt: Der gesamte Erlös des Tarots geht nämlich an die russische politische Organisation Kitezh Center. Diese unterstützt von sexueller Gewalt und Diskriminierung betroffener Personen, um ein gewaltfreieres Leben zu starten. Macha Machenka erzählt:

“Das Muschi Muschi Tarot entstand, weil ich oft von der gewaltvollen Realität überfordert bin. Alle 40 Minuten stirbt eine Frau wegen häuslicher Gewalt in Russland. Ich finde diese Statistiken sind so krass. In Deutschland, Frankreich und Belgien sind es durchschnittlich 1 Frau in drei Tagen. Das ist zwar auch schon heftig, aber alle 40 Minuten, das ist wie ein Massaker. Häusliche Gewalt war für mich schon immer ein wichtiges Thema, weil ich es auch selbst erlebt habe. Ich hatte Glück und bin da raus, auch weil ich Menschen um mich hatte, die mir geholfen haben – aber viele Frauen sind isoliert und in der Situation allein. Also hab ich mich gefragt, was kann ich tun, mit dem was ich kann, wie Tätowieren?”

Mit ihrer Idee hat Macha gezeigt, dass Tattoo, Tarot und politischer Aktivismus zusammengebracht werden können.

Macha Machenka
Macha Machenka sitzt in ihrem Tattoostudio

Weiterführende Links 

Webseite vom Muschi Muschi Tattoostudio

Webseite von spiritueller Lebensberaterin Lia

Webseite der russischen politischen Organisation Kitezh Center

Macha Machenkas Instagram


Autorin:

Victoria Atanasov

Victoria